Presseberichte
Die Urteile im Pokemon-Prozess: 14 Jahre für Oliver S., 6 1/2 Jahre für seine Freundin
"Ich kriege euch", schrie die Mutter des Opfers, "ich werde Rache nehmen"
Ihr Schrei hallte durch alle vier Stockwerke des Landgerichts: "Eine Kugel ist zu wenig. Die beiden gehören getötet, so wie sie mein Kind getötet haben."
Gestern beim Urteil gegen "Pokemon"-Killer Oliver S. (24) und Jessica V. (18), verteidigt durch den Marler Rechtsanwalt Andreas Lechtenböhmer, - die Gefühle explodierten. Prügelangriff von wütenden Zuhörern auf seine Anwälte. Tränenflut bei Jessica, Zusammenbruch ihrer Mutter. Im Treppenhaus Hetzjagd auf einen Hamburger Kaufmann (er hatte Jessica Rosen ins Gefängis geschickt). Und im Tumult immer wieder die gellende Stimme von Sedats Mutter: "Ich schwöre, ich kriege euch. Ich werde Rache nehmen!" Kalt, emotionslos und mit gewohnt stierem Blick: Oliver S. - kein Wimpernschlag, kein Augenzucken, als Richter Fritz Ettwig das Urteil sprach: Wegen Mordes 14 Jahre Gefängnis. Zunächst jedoch Einweisung in die geschlossene Psychiatrie. Bedeutet: Nur wenn der Triebtäter von seiner seelischen Abartigkeit geheilt wird, kommt er je wieder frei. Richter Ettwig: "Das wird ein sehr, sehr langer Weg..."
Sechseinhalb Jahre Jugendhaft für Ex-Freundin Jessica. Der Richter: "Sie war Mordgehilfin." Olivers Tatmotiv: "Das Würgen hat sich als festes Bild bei ihm eingeprägt. Von vorne sollte es geschehen. Er wollte dem Opfer ins Gesicht sehen können." Der Mord am kleinen Sedat (9): "Er lockte den Jungen mit Pokemon-Münzen in seine Wohnung, erwürgte ihn und legte ihn mit dem Kopf in Richtung Schreibtisch auf dem Teppich. Jessica kam und sah die Leiche. In beiden baute sich eine sexuelle Spannung auf. Sie zogen sich aus, verkehrten neben dem Jungen." Ihr Motiv: "Angst - dass sie ihn verliert, wenn sie nicht mitmacht. Deshalb ließ sie seinen Gewaltphantasien freien Lauf. Sie holte auch das Messer aus der Küche, mit dem das Kind in der Dusche geköpft wurde. Kurz darauf hatten die beiden noch mal Sex." Entsetzen bei den Zuhörern, Frauen schluchzen.
Der Richter: "Tod ist nicht umkehrbar. Aber vielleicht ist dieses Verfahren ein kleiner Beitrag dazu, dass der Staat mit größerem Interesse zur Kentnis nimmt, in welchem Zustand Angehörige und Opfer zurückgelassen werden."
Ist Oliver S. überhaupt bewusst, was er angerichtet hat? Vielleicht. Er übergab den Bild-Reportern einen Brief an die Familie des kleinen Sedat, Auszüge: "Ich weiß, das, was geschehen ist, kann ich nicht mehr rückgängig machen. Ich möchte mich für die Tat entschuldigen und bereue es sehr. Auf die Zukunft gesehen, werde ich mich sehr ändern, damit so etwas mit mir nicht mehr geschieht." Ist das Urteil gerecht? Ja, sagen seine Anwälte. Anders der Anwalt von Jessica: "Das Urteil hat rechtliche Mängel. Wir fechten es an, wir gehen in Revision." Und wieder werden die Mütter leiden...
(Quelle: Bild)